Veranstaltungen & Projekte:25 Jahre Engagement für Familien: Ein Gespräch mit Birgit Bertelsmann


Im Interview spricht sie über ihren Werdegang, ihre Herzensprojekte – wie die Wohngruppe für geflüchtete Frauen – und die Bedeutung frühzeitiger Unterstützung für Familien. Ihre persönliche Geschichte zeigt, wie berufliches Engagement und Familienleben vereinbar sind
Monikahaus: Frau Bertelsmann, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem 25-jährigen Betriebsjubiläum. Was hat Sie dazu bewegt, Ihre berufliche Laufbahn im sozialen Bereich zu starten?
Birgit Bertelsmann: Vielen Dank. Mein Weg in den sozialen Bereich begann mit meiner Ausbildung zur Erzieherin in Osnabrück. Während meiner Praktika in der stationären Jugendhilfe in Hildesheim wurde mir klar, dass ich in diesem Bereich arbeiten möchte. Direkt nach der Ausbildung habe ich in Mainz Sozialpädagogik studiert. Ich habe dazu parallel und auch danach insgesamt sieben Jahre in der stationären Kinder- und Jugendhilfe gearbeitet. Diese Kombination ermöglichte es mir, Theorie und Praxis optimal zu verbinden.
Monikahaus: Sie sind seit dem Jahr 2000 im Monikahaus tätig. Was hat Sie damals dazu bewogen, sich zu bewerben?
Birgit Bertelsmann: Eine Bekannte erzählte mir von der analytischen und professionellen Arbeitsweise im Monikahaus. Das hat mich sofort angesprochen, und ich begann in der Tagesgruppe. Was mich in diesen 25 Jahren immer wieder begeistert, ist die Möglichkeit, in verschiedenen Bereichen zu arbeiten und dabei eigene Ideen einzubringen und mitzugestalten.
Monikahaus: Was war für Sie persönlich ein besonders wichtiges Projekt im Monikahaus?
Birgit Bertelsmann: Die Gründung der Unterkunft „Wohngruppe für geflüchtete Frauen und ihre Kinder“ war zweifellos ein Höhepunkt. Dieses Projekt war „mein Baby“. Ich durfte es von der Konzeption bis zur Umsetzung im Jahr 2019 begleiten. Und parallel zu meiner Leitungstätigkeit arbeite ich bis heute gerne in der Unterkunft. Die Integration der Kinder und die Unterstützung der Frauen ist eine herausfordernde, aber unglaublich erfüllende Aufgabe.
Monikahaus: Seit 2017 leiten Sie den Bereich der „Frühen Hilfen“ und haben ihn im Monikahaus mit ins Leben gerufen. Er umfasst Themen der frühkindlichen Präventionsarbeit wie die Schwangerschafts- und Elternberatung. Warum ist er so wichtig?
Birgit Bertelsmann: „Frühe Hilfen“ sind für mich der Schlüssel zur präventiven Arbeit. Wir arbeiten nach dem Prinzip, „am Brunnenrand zu stehen, anstatt Kinder mühsam aus dem Brunnen zu ziehen“ – ich finde, die Illustration zeigt das ganz gut. Durch unsere Arbeit helfen wir Familien frühzeitig, ihre Ressourcen zu erkennen und zu nutzen. Mit Methoden wie Videografie zeigen wir, was funktioniert, und stärken das Vertrauen der Eltern in ihre eigene Intuition.
Monikahaus: Welche Veränderungen in den Bedürfnissen von Familien haben Sie in den letzten Jahren wahrgenommen?
Birgit Bertelsmann: Es gibt eine wachsende Kluft zwischen Familien mit guten Ressourcen und solchen in prekären Situationen. Einerseits sehen wir Familien, die von erweiterten Elternzeitregelungen profitieren, andererseits Geflüchtete, wohnungslose Frauen oder Familien mit multiplen Problemlagen. Diese Polarisierung stellt uns vor große Herausforderungen, da wir als Familienzentrum Monikahaus für alle Familien da sein wollen.
Monikahaus: Welche Wünsche oder Forderungen haben Sie an die Gesellschaft und die Politik, insbesondere in Bezug auf Migration und soziale Gerechtigkeit?
Birgit Bertelsmann: Ich bin entsetzt und ehrlich besorgt über die oft negative Darstellung von Migration und Menschen im Bürgergeldbezug. Wir sollten Migration als Chance begreifen und Menschen unterstützen, statt sie auszugrenzen. Es braucht eine bessere Entwicklungszusammenarbeit und nachhaltige Unterstützung. Zudem muss die soziale Ungleichheit reduziert werden – sie ist häufig die Wurzel für Konflikte.
Monikahaus: Was empfehlen Sie jungen Fachkräften, die eine erfolgreiche und langfristige Laufbahn im sozialen Bereich anstreben?
Birgit Bertelsmann: Es ist wichtig, dass Mitarbeitende Gestaltungsspielraum bekommen und ihre individuellen Stärken einbringen können – für mich persönlich war beispielsweise das Gestalten der Wohngruppe für geflüchtete Frauen ein entscheidender Moment. Einrichtungen wie das Monikahaus bieten mit ihren vielfältigen Angeboten unter einem Dach zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Arbeit im sozialen Bereich ist anspruchsvoll, aber wenn man spürt, dass man etwas bewirken kann, ist sie unglaublich erfüllend.
Monikahaus: Wie hat sich Ihre berufliche Entwicklung im Monikahaus über die Jahre hinweg gestaltet, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Birgit Bertelsmann: Meine Zeit im Monikahaus hat auch einen Großteil meines privaten Lebens begleitet. Ich habe in dieser Zeit 3 Kinder bekommen und war in „Erziehungsurlaub“, wie es damals hieß.
Mit meiner Familie lebe ich in Karben und freue mich, dass ich problemlos mit dem ÖPNV zum Monikahaus kommen kann. Immer wieder hat mir das Monikahaus Möglichkeiten eröffnet, entsprechend meiner familiären Situation und auch meiner eigenen Qualifikationen tätig zu sein.
Inzwischen sind meine Kinder erwachsen, das war ein wichtiger Grund nun seit 2017 in meiner Arbeit mehr Verantwortung als Leitung Frühe Hilfen zu übernehmen.
Monikahaus: Abschließend: Was macht das Monikahaus für Sie aus?
Birgit Bertelsmann: Für nenne das Monikahaus gerne „ein großes Bällchenbad“, in dem Familien die passenden Angebote für sich finden können. Egal ob „Krabbelfrühstück“ in unserer Familienbildungsstätte Monikaffee oder intensive Unterstützung – es geht immer darum, Beziehungen aufzubauen und Vertrauen zu schaffen. Diese Vielfalt und der ganzheitliche Ansatz machen die Arbeit hier so besonders und erfolgreich.
Monikahaus: Vielen Dank, Frau Bertelsmann, für dieses inspirierende Gespräch und Ihre langjährige Arbeit.
Birgit Bertelsmann: Vielen Dank. Ich bin froh und dankbar, Teil des Monikahauses zu sein und mit unserer Arbeit Familien einen „Guten Start ins Leben“ ermöglichen zu können.